Skulptur

Im Jahre 2017 stürzt die Flanke des Berges Cengalos in die Tiefe. Die Gesteins- und Schlammmassen begraben Teile ihres Heimatdorfes Bondo unter sich. Ein grosser Einschnitt in ihrem Leben. Dina ist in ihrem zweiten Wohnsitz in Bondo, als der Berg kommt, wird rechtzeitig evakuiert und erlebt die Katastrophe hautnah. Während der fünf folgenden Jahre verarbeitete sie diese tragischen Geschehnisse dank ihrem künstlerischen Schaffen auf eigene Art und Weise. Jedes Bild und jede Skulptur aus dieser Zeit ist stark von diesem Ereignis und ihrer Liebe zur Bergnatur geprägt. Sie geht an den Fluss Bondasca neben dem Dorf Bondo und sammelt Schwemmholz, Steine oder rostige Überbleibsel von Hausrat, die sie an die Katastrophe erinnern. Dinge wie beispielsweise das alte Bettgestell im Flussbett regen sie zum Denken an und lassen Geschichten dahinter vermuten. Indem sie ihre Fundgegenstände mit anderen Materialien ergänzt, will sie eben solche Geschichten weitererzählen: Sie wechselt von Holz zu Gips, vom Pinsel zum Spachtel, von starken Farben zu lasierenden Farbtönen und arbeitet dabei immer mit grosser Sorgfalt und ihrer charakteristischen Liebe zum Detail.
Die im Zusammenhang mit dem Bergsturz entstandenen Kunstwerke präsentiert sie im Sommer 2022 in der ehrwürdigen Kirche Nossa Dona bei Bondo während mehrerer Wochen: In der vielbeachteten Ausstellung «Cengalo 17» zeigt sich ihr ganzes künstlerisches Repertoire in seiner ganzen Vielfalt: Sie kombiniert Videoinstallationen, Lichteffekte und Töne mit wandgrossen Bildern, passenden Fotografien, Malerei und raffinierten Skulpturen. Das alles passt sie meisterhaft in die Räumlichkeiten der Kirche ein und bringt die Natur in Form von Sand, Steinen oder Schwemmholz bis hinunter in die Kellergewölbe. Besucherinnen und Besucher werden sowohl überrascht, als auch beeindruckt und zum Nachdenken angeregt. Sie erkennen, dass die Natur zwar grob und zerstörerisch sein kann, aber mit ihren unglaublichen Heilungskräften auch immer wieder Versöhnung anbietet. «Cengalo 17» wird zu Recht als Meilenstein von Dinas künstlerischem Schaffen bezeichnet. Wie kaum je zuvor zeigt sich darin ihr Respekt und ihre Liebe zur Bergnatur sowie ihr ausgeprägter Optimismus: «Die Natur ist meine Bühne». Mit diesen Worten bringt sie ihr Markenzeichen gleich selbst auf den Punkt und lässt auch für die Zukunft Grossartiges erwarten.

Seelenwanderung

Die Skulptur «Seelenwanderung» entstand aus einem besonderen Stück Schwemmholz, das ich erneut aus dem Fluss Bondasca entnahm. Auf der einen Seite war das Holz geöffnet und lud geradezu dazu ein, schöne Steine aufzunehmen. In Erinnerung an den Bergsturz von Bondo suchte ich acht passende Steine aus – für jedes Todesopfer einen –, die hintereinander entlang des Holzstücks «wandern». Das Holz wurde von mir bearbeitet und teilweise mit Blattgold veredelt. Der goldene Glanz, der bei Sonnenschein die Steine von unten erhellt, fasziniert mich besonders und verleiht den wandernden Seelen eine einzigartige Würde.

Seelenwanderung

Bettgestell/Atem schöpfen

Der Murgang des Bergsturzes hat vieles ins Tal gespült, darunter auch ein altes Bettgestell aus rostigem Eisen, das im Fluss Mera unterhalb von Bondo freigespült wurde. Dieses Relikt hat meine Fantasie besonders angeregt: Wer hat wohl darin geschlafen? Welche Geschichten könnte es erzählen, wenn es sprechen könnte?
Für die Ausstellung Cengalo 17 habe ich das Bettgestell wiederbelebt, indem ich es mit einem «Leintuch» aus Papier und Kleister bespannte und in geduldiger Kleinarbeit perforierte. Dabei schlängelt sich ein Fluss zu Tal, dessen Ufer von Steinen gesäumt sind, die der Murgang zurückgelassen hat. Die Steine symbolisieren die Zerstörung, während der Fluss verdeutlicht, dass das Leben weitergeht. Diese Arbeit spiegelt die Dualität der Natur wider: brutal und zerstörerisch, aber auch friedlich und schön.

Atem schöpfen

Bester Freund

Geschlossene Form

Meine Skulpturen entstehen meist in meinem Atelier in Bondo (Bergell, GR), wo ich auch draußen unter einem Nussbaum arbeiten kann – umgeben von der Natur, die mich besonders inspiriert. Grundlage für diese und andere Skulpturen ist Schwemmholz, das ich im Fluss Bondasca unweit meines Ateliers finde. Um die Maserung und die Farbtöne des Holzes hervorzuheben, bearbeite ich es zunächst sorgfältig. Danach lasse ich die natürliche Form des Holzes auf mich wirken und überlege, wie ich es mit Gips ergänzen kann. Ziel ist es, eine Symbiose zwischen Holz und Gips zu schaffen und die Form so zu «schließen», dass eine harmonische Einheit entsteht – die geschlossene Form.
Auf diese Weise sind auch die Werke «Unendlich», «Il Fuggitivo» und «Bester Freund» entstanden.

Geschlossene Form

Geschlossene Form

Unendlich

Il fuggitivo

Ohne Titel

Metamorphose Buddha Nuss

Die Metamorphose, die Verwandlung und Entwicklung bedeutet, ist ein zentrales Motiv in der Kunst und hat mich zu diesem Werk inspiriert. Sie ist in der Natur allgegenwärtig: Die Raupe wird zum Schmetterling, der Samen zum Baum und das Kind zum Erwachsenen. Ausgangspunkt war eine sogenannte Buddha-Nuss, die Samenkapsel eines Baumes, der in offenen Wäldern von Indien bis zu den Philippinen wächst.
Ich vergrößere, verpuppe, deformiere und suche nach einer neuen Form. Das Arbeiten mit Tonerde zwischen meinen Händen ist ein erfüllender Prozess. Ich forme und gestalte, bis jede Kante und Rundung stimmig ist und eine neue Skulptur entsteht. Dieser kreative Prozess beruhigt meinen Geist und wirkt fast meditativ – eine tief befriedigende Erfahrung.

Buddha Nuss

Beton Skulptur

Das dreidimensionale Arbeiten mit Beton ist zwar aufwendig, ermöglicht jedoch die Gestaltung komplexer Formen, und die fertigen Werke sind äußerst beständig. Besonders faszinierend finde ich, wie das gleiche Material je nach Form – sei sie organisch-rund oder kristallin-kantig – eine völlig unterschiedliche Wirkung entfalten kann. Die passende Form zu finden ist jedoch anspruchsvoll und erfordert den Einsatz verschiedener Techniken. So kann eine Betonskulptur modellierend über einem leichteren Kerngerüst aufgebaut werden oder der Beton wird in eine Negativform gegossen, um die gewünschte Struktur zu erzielen.

Giò

Faltobjekt

Ich liebe das Experimentieren! Beim Falten von Papier haben mich die unterschiedlichen Formen und die daraus entstehenden Schattenspiele bei seitlichem Lichteinfall schon immer fasziniert. Dieses Mal wollte ich jedoch weitergehen und schuf eine Skulptur aus Gips, für die ich für beide Seiten ein Gussprofil anfertigte. So entstand eine massive Skulptur, die an gefaltetes Papier erinnert und den Betrachter mit messerscharfen Licht- und Schattenspielen begeistert. Filigrane Tragstäbe lassen die Skulptur scheinbar über dem Holz schweben und verstärken so die Illusion des gefalteten Papiers.

Licht Schattenspiel